Allgemeine Informationen
Originaltitel: Wondrous Oblivion
Erscheinungsland und –jahr: Großbritannien 2003
Verleih: Senator Film Verleih
Produktion: APT Films
Regie/Drehbuch: Paul Morrison
Genre: Komödie, Drama
Darsteller: Sam Smith, Delroy Lindo
Laufzeit: 106 min., Farbe, Cinemascope
FSK: ab 6 Jahre
Altersempfehlung: ab 10 Jahre
Themen: Rassismus, Außenseiter, Toleranz, Identität
Inhaltsangabe
Der Film „Davids wundersame Welt“ von Paul Morrison spielt in den 60er Jahren in Großbritannien. Die jüdische Familie Wiseman, bestehend aus Vater Victor, Mutter Ruth, Sohn David und dessen kleiner Schwester, kam nach der Flucht vor den Nationalsozialisten aus Deutschland nach England, um ein neues Leben anzufangen. Während Victor täglich in seinem Geschäft arbeitet und Ruth versucht sich den Gepflogenheiten der englischen Damen in ihrer Straße anzupassen, um nicht weiter aufzufallen, interessiert sich ihr Sohn David nur für Cricket. Obwohl er ein leidenschaftlicher Spieler ist, darf er nicht in der Schulmannschaft spielen, da sein Talent wohl oder übel auf sich warten lässt. Nur in seinen Träumen, in denen die Spieler in seinen Sammelkarten zum Leben erwachen, findet er die Chance zu spielen. Erst als die jamaikanische Familie Samuel in die Nachbarschaft zieht und Vater Dennis im Garten ein Cricketnetz aufbaut, schöpft David Hoffnung. In David findet in Dennis einen neuen Freund und sogar eine Art Ersatzvater, da sein eigener im Laden beschäftigt ist und sich daher nicht besonders für seine Familie interessiert. Dies macht auch Mutter Ruth zu schaffen, die insgeheim aus ein reges Interesse für den exotischen Dennis hegt. Daher stört es sie auch nicht weiter, als Dennis sich Davids annimmt und ihm hilft seine Crickettechnik zu verbessern und auch in Dennis´ Tochter Judy findet David eine gute Freundin. Dank der täglichen Übungsstunden wird David schnell ein guter Spieler, was auch in der Schule bemerkt wird. Schnell landet er in der Mannschaft und wird im Handumdrehen beliebt. Zu seiner Geburtstagsfeier ist sein ganzes Team eingeladen und auch Judy kommt um ihm zu gratulieren. Doch anstatt sie ins Haus zu lassen, verabschiedet er sich schnell und schlägt ihr die Tür vor der Nase zu, da er Angst hat, was seine Freunde zu ihr sagen und von ihm denken würden. Mit dieser Aktion verliert er eine gute Freundin und nicht nur Judy ist von ihm enttäuscht, sondern ihre gesamte Familie. Nach diesem Ereignis läuft in Davids Leben so ziemlich alles schief. Seine Leistungen beim Cricket werden schlechter und die anderen Schüler reden nicht mehr mit ihm. Doch auch seine Eltern bekommen Probleme, denn der Enkel von Mrs. Wilson, einer eitlen englischen Dame, die sehr auf Rassentrennung (Weiße und Schwarze) achtet, schickt ihnen mehrere Drohbriefe, da sie mit den Nachbarn verkehren. Letztendlich kommt es soweit, dass David eines Nachts erwacht, weil das Grundstück der Samuels brennt. Nachdem der Brand gelöscht ist, kommt es zur Auseinandersetzung mit der Polizei. Dennis erwartet, dass es eine Ermittlung wegen des Feuers gibt, doch die Polizei kümmert sich nicht darum, da sie von einem Kabelbrand oder einer heruntergefallenen Zigarette ausgeht. Verzweifelt rennt Dennis zurück ins Haus, um die Drohbriefe von Mrs. Wilsons Enkel zu holen, die nicht nur die Wisemans, sondern auch seine Familie ertragen mussten. Als er nicht wiederkommt, rennt Victor ihm hinterher und hilft ihm aus dem verrauchten Haus. Er ist empört über die Borniertheit und Verblendung der Bewohner und äußert sich anklagend darüber. Letztendlich versöhnen sich David und Judy wieder und alle Nachbarn der Samuels schenken Dennis ein neues Cricketnetz, das wie alles andere abgebrannt war und alle werden zu einem Picknick mit Cricketspiel eingeladen, bei dem Schwarze und Weiße zusammen sitzen und einfach nur den Tag genießen.
Darstellung von Rassismus im Film
Der Film „Davids wundersame Welt“ beschäftigt sich mit den Themen Toleranz, Vorurteile, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Migranten und Außenseiter. Er handelt von Liebe und Freundschaft zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Es geht um das grundlegende Bedürfnis der Menschen nach Zugehörigkeit und einem mentalen wie realen Zu Hause und um Unterschiede, Vorurteile, die Hintergründe von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und wie diese in jedem selbst lebt. Er beschäftigt sich mit Überwindung zur Toleranz gegenüber Fremden, Loyalität und Zivilcourage.
Die Themen des Films sind vielfältig und auch aktuell, denn Angst vor und Fremdenfeindlichkeit gegenüber Fremden, sowie die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe und Religion treten auch heutzutage täglich auf.
Zwar werden multikulturelle Gesellschaften weitgehend akzeptiert, trotzdem gibt es noch Gruppen, die sich offiziell gegen Fremde aussprechen und Diskussionen um Eingliederung, Anpassung und verstärktere Einwanderungsgesetze führen.
In „Davids wundersame Welt“ werden die Konflikte von Rassismus in den Menschen widergespiegelt. Dass der Film in den 60er Jahren spielt ist kein Zufall.
„Paul Morrison entschied sich dafür, den Film in den frühen 60er Jahren spielen zu lassen, einer Zeit großer Umwälzungen in Großbritannien. Viele Immigranten aus den ehemaligen Kolonien strömten ins Land und es entstanden Konflikte, die in schweren Rassenunruhen im Londoner Stadtteil Notting Hill gipfelten“1) (Kino ab 10, 2005, S.4).
Er lässt in „Davids wundersame Welt“ den Zuschauer aus einem neuen Blickwinkel auf
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit schauen und zeigt, dass sich diese ebenso in einem scheinbar intakten sozialen Umfeld finden lassen und nicht nur in der Rechten Szene.
Im Film wird deutlich, dass Vorurteile nicht hinterfragte Reaktion auf Unbekanntes sind, die sich aus Angst vor Veränderung entwickeln. Im Film stellt sich dies wie folgt dar: Zu Beginn des Films wird die jüdische Familie Wiseman von den Nachbarn ausgestoßen. Sie sind Opfer antisemitischer Anfeindungen. Doch als die jamaikanische Familie des schwarzen Dennis in die Nachbarschaft zieht, wird die Stelle des fremden Individuums automatisch an diese weitergegeben.
Das Verhalten der Nachbarn ist eindeutig fremdenfeindlich und lässt sich auf den genetischen Rassismus zurückführen, da die Jamaikaner aufgrund ihrer Äußerlichkeiten, also ihrer Hautfarbe noch unter die Rasse der Juden, die vorher die niederste Rasse im Vorort waren, gestellt werden. Zudem betonen sie im Gespräch oftmals unterschwellig die Andersartigkeit der Farbigen durch kleinste Bemerkungen oder die Verwendung des Artikel „die“ anstatt des Namens der Familie.
Durch das Verhalten der Nachbarn wird die Meinung von Mrs. Wiseman und somit auch von David stark von außen beeinflusst. Da Mrs. Wiseman Angst hat wieder in Ungnade zu fallen, erlaubt sie ihrem Sohn nur mit der anderen Familie zu sprechen, wenn Fragen gestellt werden und um höflich zu sein. Die Betonung der Höflichkeit zeigt, aber auch, dass Mrs. Wiseman sich der Familie Samuels gegenüber auch nicht respektlos verhalten will.
Das Verhalten der Mutter wirkt sich auch auf das Verhalten von David aus, da dieser bemerkt, welcher Druck auf seiner Mutter lastet, grenzt er Judy von seiner Geburtstagsfeier aus, was sowohl Judy als auch ihre Familie verletzt, seiner Mutter aber in diesem Fall nicht schadet.
Interessant ist hierbei, dass die jamaikanische und die jüdische Familie sich gegenüber einander trotzdem die meiste Zeit respektvoll behandeln, da beide das Gefühl der Ausgestoßenheit kennen. Die jamaikanische, christliche Familie bittet sogar den jüdischen David einen Psalm auf hebräisch vorzusingen, da sie das Judentum bewundern, weil der Heiland ihrer Religion, Jesus, ebenfalls ein Jude war. Anstatt sich von der anderen Religion abzuwenden, verlangen sie nach einem Erlebnis und Einblicken in das andere. Ebenso verhält sich die jüdische Familie den jamaikanischen Bräuchen gegenüber als Mrs. Wiseman und David Dennis und Judy auf eine Festlichkeit der Farbigen begleiten und mit ihnen zu ihrer Musik tanzen.
Nicht nur durch die Nachbarn, sondern auch durch den Cricketsammelkartenverkäufer zeigt sich David Rassismus auf, als dieser fragt, warum er denn die Karten der farbigen Spieler sammle und nicht die anderer Weißer, wie beispielsweise der Australier. Dies zeigt wieder die Unterschwelligkeit, mit der rassistische Anfeindungen geäußert, und deshalb meist nicht von jedem wahrgenommen werden.
Eine weitere Form des Rassismus, die thematisiert wird, ist der Faschismus oder Rechtsextremismus, der vom Enkel der Nachbarn symbolisiert wird. Er ist das Ebenbild des klischeehaften Nationalsozialisten – blonde Haare, braune Jacke. Zudem sind die durch sein nonverbales Verhalten verwendeten Symbole, wie die Pistole, die er mit seinen Fingern bildet und auf Mr. Wiseman richtet, oder das Auftreten in der Gruppe als er zusammen mit seinen Kumpanen, alle in braune Jacken gekleidet, einen farbigen Kartenkontrolleur belästigen, typische Merkmale der Nationalsozialisten. Die braunen Jacken sind hierbei eine Anspielung auf die Uniformen der Nationalsozialisten, welche für Paul Morrison als weiteres Mittel zum Zweck der Thematisierung einer Art des Rassismus dienten.
Abgesehen von dieser offenkundig unterschwelliger Darstellung von Rassismus bedient sich Paul Morrison auch einer nicht für jeden sichtbaren Form von Rassismus. David will ins Cricketteam, darf dies aber nicht, weil er nicht so leistungsfähig ist, wie seine Mitschüler. Allerdings wird er auch nicht gefördert, da die Obrigkeit – in diesem Fall die Mitglieder des Teams mitsamt dem Trainer – es nicht für nötig hält. Diese Ausgrenzung kann ebenfalls als Rassismus gedeutet werden. Denn als David die entsprechenden Leistungen bringt, wird er ins Team und somit aus der niederen, nicht leistungsfähigen in die gehobenere, leistungsfähigere Rasse aufgenommen.
„Davids wundersame Welt“ thematisiert also in mehrerer Hinsicht das Thema Rassismus und ähnliche Formen der Fremdenfeindlichkeit und gibt sogar eine Lösung vor. Nachdem das Haus der Familie Samuels abgebrannt ist, steht die gesamte Nachbarschaft da und beobachtet die Ereignisse. Die Polizisten wollen keine Ermittlungen aufnehmen und keiner der Nachbarn steht zu den Opfern, was das Dulden des Geschehenen darstellt. Erst als Dennis ins Haus rennt, um die Beweise für den Brandanschlag zu holen und Davids Vater ihm folgt, wird reagiert. Die Reaktion von Mr. Wiseman stellt das Aufwachen der Nachbarn aus einem tranceartigem Zustand der Akzeptanz dar. Ihnen wird bewusst, dass sie mit ihren kleinen Bemerkungen und unterschwelligen Anspielungen, bereits rassistische Anfeindungen ausgesprochen haben, was nicht wirklich ihre Absicht war. Die Lösung, die Paul Morrison vorgibt, ist die Benennung des Bösen. Wo vorher alles geduldet wurde, soll nun gesagt werden, was falsch und rassistisch ist. Im Film benennt Mr. Wiseman das Böse, indem er Polizei den Hinweis gibt sich mit dem Enkelsohn der Nachbarn zu beschäftigen.
Paul Morrison thematisiert in seinem Film eindeutig mehrere Arten von Rassismus, zeigt auf, dass Widerstand, egal, in welcher Form, hilft und dass wir manchmal einfach nur schwarzweiß denken.